Die im April 2022 veröffentlichte Serie „Heartstopper“ basiert auf den Graphic Novels von Alice Oseman und erzählt die Geschichte von Nick und Charlie, die die 10. und 11. Jahrgangsstufe der britischen Jungen*schule Truham Grammar School besuchen. Im neuen Schuljahr sitzen sie an einem Tisch und entwickeln Gefühle füreinander. Charlie ist offen schwul und wurde deswegen im vorherigen Jahr gemobbt; Nick spielt in der Rugby-Mannschaft der Schule (ohne Klischees kommt die Serie nicht aus) und beginnt, sich mit seiner sexuellen Orientierung auseinander zu setzen.
Eine große Stärke der Serie ist, dass sie thematisch breit aufgestellt und mit einem diversen Cast besetzt ist. So gibt es Handlungsstränge zu einer lesbischen Beziehung und einer trans* Jugendlichen von der benachbarten Higgs-Schule für Mädchen*; zugleich geht es um Mobbing, Ausgrenzung und Solidarität. Eindrücklich zeigt die Serie die reale Gefahr von Stigmatisierung und Homophobie; z. B. wenn Ben, mit dem Charlie zu Beginn der Serie in einer Beziehung ist, Charlie in der Öffentlichkeit ignoriert. Erzählt wird aber auch, wie sich die Protagonist*innen gegenseitig unterstützen, sich füreinander stark machen und Hilfe holen. In diesem Sinne kann die Serie auch genutzt werden, um für Mobbing, die verschiedenen Rollen im Mobbing-System und Handlungsoptionen zu sensibilisieren und bietet unabhängig von Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung Anknüpfungspunkte. Viele der aufgeworfenen Fragen beschäftigen fast alle Menschen: Wer bin ich und was gehört zu meiner Identität? Wie finde ich das für mich selbst heraus und verhalte mich gleichzeitig zu den Erwartungen meines Umfelds? Interessieren sich meine Freund*innen in Beziehungen noch für mich und unsere Freundschaft?
Die Serie findet einen Weg, diese Fragen in bunten, oft kitschigen Bildern zu verhandeln und dabei einen positiven Ton zu bewahren. Ich kann mir gut vorstellen, eine der acht etwa 40-minütigen Episoden als Einstieg in einem Workshop einzusetzen. Eine Aufgabe für solch einen Einsatz nimmt uns die Serie nicht ab: Die Übertragung der gezeigten Themen auf eine politische und gesamtgesellschaftliche Ebene; alle Konflikte bleiben in den Episoden private Konflikte zwischen einzelnen Protagonist*innen. Dennoch kann sie genutzt werden, um z.B. hinter den Handlungen der Personen stehende Rollen- und Geschlechterbilder herauszuarbeiten. Für Lehrkräfte bietet sich möglicherweise auch an, die Serie für den Englischunterricht (die Originalsprache) zu nutzen. Aufgrund schneller Dialoge setzt der Einsatz der Serie gute Deutsch- bzw. Englischkenntnisse voraus. Basierend auf dem Alter der Protagonist*innen schlage ich vor, die Serie für 14-18-Jährige in Betracht zu ziehen.
Kritisch zu betrachten ist, dass trotz des Anspruchs, Vielfalt zu thematisieren nur monogame Zweierbeziehungen gezeigt werden. Schaut gern rein und bildet euch eine Meinung! Gute Nachrichten für Fans: Eine zweite und dritte Staffel wurden bestätigt!