Robert Claus / Sabine Behn: Rechtsextremismus im Sport. Wissensstände – Leerstellen – Gefahrenlagen
hrsg. von: Bundesinstitut für Sportwissenschaft, Bonn (2024), PDF online
„Sowohl Rechtsextremismus als auch Sport sind komplexe Themenbereiche. Die extrem rechte Landschaft in Deutschland umfasst parteiförmige und subkulturelle, publizistische wie auch bewegungsorientierte Organisationsformen und ihre jeweiligen Strategien sowie Aktivitäten. Die Klammer um sie bildet eine menschen- und demokratiefeindliche Ideologie (vgl. Jaschke 2001). Der Sport wiederum besteht aus dem traditionellen Vereinssport, einem wachsenden kommerziellen Sektor (z.B. Mixed Martials Arts) und freien Trainingsgruppen in der Breite bekannter Sportarten, sich neu entwickelnder Disziplinen (beispielsweise Outdoor-Hindernisläufe) sowie sportnaher Aktivitäten (z.B. Selbstverteidigung). Hinzu kommen Ausrüsterfirmen, Sponsoren und Sportmedien als Teil einer umfassenden Bewegungs- und Sportkultur.“ (S. 11) In der Studie werden das Verhältnis einzelner rechtsextremer Akteure zum Sport sowie deren strategischer Nutzung von Sport für ihre politisch-ideologischen Ziele ausführlich thematisiert.
In der aktuellen Situation rund um die Bundestagswahlen sei aus der über 150 Seiten umfassenden Studie auf den Abschnitt 5.6 „Rechtsextremismus im Sport nach (partei-)politischen Spektren“ hingewiesen. Hier werden u.a. die „sportpolitischen Thesen“ der AfD-Bundestagsfraktion aus dem Jahre 2020 analysiert. Dabei spielen sowohl die Inhalte wie auch die Bildsprache des Thesenpapiers eine Rolle. So fasst die Studie das von der AfD kommunizierte Verständnis von Sport und Gesellschaft als ein exkludierendes auf. Hier hätten „Menschen mit familiärer Migrationsgeschichte, geschlechtlicher Diversität, körperlichen Behinderungen oder auch altersbedingten Krankheiten kaum oder keinen Zugang [.]. Das Subjekt des Sports in der Programmatik der AfD ist das von einem sozialdarwinistischen Grundgedanken geprägte weiß und völkisch gedachte Kollektiv. Dies ist eine im Wesenskern extrem rechte Position und steht dem Sportgedanken des DOSB sowie der Deutschen Sportjugend diametral entgegen.“ (S. 109) Die Studie beleuchtet neben der deutschen rechtsextremen Szene auch in einem Exkurs „Sport im türkisch geprägten Rechtsextremismus" (S. 75-77)
Die Studie macht darauf aufmerksam, dass Sport ein gesellschaftspolitisches Thema ist, das in der politischen Jugendbildung Anschlussmöglichkeiten an die Lebenswelten der Schüler*innen bietet, um mit ihnen über ihr Sportverständnis und ihr Menschenbild im Sport in einen Austausch zu kommen. Dies eröffnete auch Kanäle, um auf problematische Entwicklungen im (schulischen ) Umfeld aufmerksam zu werden.