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Aus Politik und Zeitgeschehen (APuZ). Zeitschrift der Bundeszentrale für politische Bildung. Beilage der Wochenzeitung Das Parlament, 72. Jg., 48/2022 – 28.11.2022: Politische Bildung – PDF online

Anlass für das Thema dieser Ausgabe ist das 70-jährige Bestehens der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Von den insgesamt sieben Beiträgen sei der von Bettina Zurstrassen mit dem Titel „Viele Herausforderungen, desolate Lage. Politische Bildung an beruflichen Schulen“ (S. 23-28) näher vorgestellt. Das Feld der beruflichen Schulen ist im Bundesprogramm JMD Respekt Coaches breit vertreten. Arbeit und Leben setzt das Projekt JuRe ausschließlich an Berufsbildenden Schulen um.

Bettina Zurstrassen erörtert im berufsschulischen Kontext eine Frage, die im Beitrag zuvor von Helle Becker im Blick auf „die nonformale politische Bildung“ bereits gestellt war, nämlich ob diese auf die zunehmende Diversität der Gesellschaft in unterschiedliche soziale und kulturelle Gruppen mit ihren vielfältigen Perspektiven vorbereitet und aufgestellt sei? Zurstrassen thematisiert den Kontext „Migrationsgesellschaft“ im Fokus auf die Situation an beruflichen Schulen. Ausgangspunkt sind empirisch belegte Krisenbefunde wie die „Vertrauenskrise in wichtige gesellschaftliche Institutionen“ und eine „bestehende Politikdistanz“ (S. 23) unter Berufsschüler*innen. Das Ziel politischer Bildung sei, „die demokratisch-soziale Integration, worunter vor allem die Befähigung der Lernenden zu politischer Mündigkeit verstanden wird.“ (S. 24)

Sie wirft einen ressourcenorientierten Blick explizit auf geflüchtete Jugendliche, von denen viele über „kulturelle Kompetenzen und politische Widerstandserfahrungen“ verfügten. (a.a.O.) Diese könnten durch ein „Empowerment“ politischer Bildung ihre Resilienzen stärken. Gemeint ist damit das Erwerben der Fähigkeit von Schüler*innen, „für ihre politischen und sozialen Interessen einstehen beziehungsweise diese auch kollektiv organisieren zu können“. (a.a.O.)

Sie wirbt weiter dafür, die durch die Pluralisierung und Heterogenität der Gesellschaft zwangsläufig entstehenden Konflikte im schulischen Kontext zu thematisieren und „im Unterricht kontrovers „zu diskutieren“. (S. 25)

Hier sind die Träger der außerschulischen politischen Bildung schon längst aktiv, gerade auch im Bundesprogramm JMD Respekt Coaches. Ambiguitätstoleranz, Aushalten von Diversität in der eigenen Gruppe und das Einüben von Perspektiv- und Rollenwechsel sind z.B. Standardthemen in den Angeboten und Formaten. Zurstrassen verweist auf ein starkes primärpräventives Anliegen politischer Bildung, wenn sie fordert, die „politische Widerstandsfähigkeit der Lernenden in Krisensituationen“ zu stärken. (S. 26) Soweit die Ziele und Absichten schulischer politischer Bildung. Die Realität ist auch nach Zurstrassen eine andere.

Leider gleitet der fachliche Blick in dem Beitrag nicht über den Tellerrand schulischer Politikdidaktik hinaus. Statt den großen Top-down-Prozess für mehr Politikthemen im berufsschulischen Unterricht zum x-ten Mal zu fordern, wäre es vielleicht lohnender, mögliche Kooperationen und Synergien in vorhandenen Praxismodellen zu reflektieren und weiterzudenken. Prof. Rico Behrens sprach beim JuRe-Fachtag am 23.11.2022 in seinem Vortrag davon, dass ohne die Expertise der außerschulischen Politischen Bildung die (beruflichen) Schulen zumeist erfahrungsarm im Hinblick auf Demokratie und Partizipation blieben. Das Bundesprogramm JMD Respekt Coaches bietet zahlreiche Belege dafür, dass die Jugendsozialarbeit in Kooperation mit der außerschulischen Politischen Jugendbildung Erfahrungsräume für Demokratie und Partizipation zu schaffen vermag und Kollaborationen zwischen Fachunterricht und Lern- und Aktionsangeboten des Bundesprogramms aufweist.

Weitere Beiträge der Ausgabe von APuZ beschäftigen sich u.a. mit Nachhaltigkeitsbildung, Intersektionalität oder dem Verhältnis von politischer zu ökonomischer Bildung.

PDF online: https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/APuZ_2022-48_online_Politische_Bildung.pdf

Header: Foto © altmodern / iStock