Friedhelm Hufen, Rechtsgutachten: Zur Bedeutung des sogenannten Neutralitätsgebots für zivilgesellschaftliche Vereine der Demokratie- und Jugendarbeit. Unter besonderer Berücksichtigung der Ausführungen des Sächsischen Rechnungshofs in seinem Sonderberich
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An dieser Stelle ein Rechtsgutachten vorzustellen hat seinen guten Grund in der Thematik und Bedeutung für alle, die in der Politischen Bildung und der Demokratieförderung tätig sind. Verfasser ist der Staats- und Verwaltungsrechtler, Prof. Dr. Friedhelm Hufen, an der Universität Mainz und ehemaliges Mitglied des Rheinlandpfälzischen Verfassungsgerichtshofs.
Im Auftrag verschiedener Stiftungen, u.a. der Amadeu Antonio Stiftung, hat er die Aufgabe übernommen, Bewertungen eines Sonderberichts des Sächsischen Rechnungshofs „zur Bindung zivilgesellschaftlicher Vereine der Demokratie- und Jugendarbeit an das sog. parteipolitische Neutralitätsgebot bzw. die Chancengleichheit der Parteien“ (4) auf ihren Sachgehalt und ihre Berechtigung hin zu rechtlich zu prüfen. Der Sonderbericht kritisiert darin die Förderpraxis des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt im Maßnahmenbereich „Integration, Partizipation und gesellschaftlicher Zusammenhalt“. (4) In dem Sonderbericht werden dem Ministerium „u.a. gravierende Verstöße durch ein »Überschreiten der Grenzen zwischen politischer Bildung und politischer Betätigung« und eine zu große (partei)politische Nähe zwischen Ministerium und Zuwendungsempfängern“ vorgeworfen. (5f.)
Das Gutachten erörtert die zentralen verfassungsrechtlichen Begriffe und Prinzipien, wie Neutralitätsgebot, Chancengleichheit der Parteien, demokratische Offenheit, wehrhafte Demokratie und verortet verfassungsrechtlich darin Auftrag und Grenzen „staatlich geförderter Bildungs- und Demokratiearbeit“ (13).
Das Gutachten ist selbst ein Stück politischer Bildung, da es die verfassungsmäßig unterschiedlichen Funktionen und Aufträge staatlicher Stellen, der Parteien und zivilgesellschaftlicher Akteure im Feld der politischen und Jugendbildung an sich und in ihrem Zueinander erläutert. Es führt im Folgenden die verfassungsrechtlichen Gründe für die Zurückweisung der vom Sächsischen Rechnungshof vorgetragenen Kritik und seiner grundlegenden Kompetenzüberschreitungen aus. Hufen begründet nicht nur die Möglichkeit, sondern vielmehr die Notwendigkeit staatlicher Förderung zivilgesellschaftlicher Akteure und Aktivitäten, die politische und demokratische Bildungsarbeit leisten, ohne dadurch ein Neutralitätsgebot zu verletzen. Staatliche Förderung schließe auch sachliche und angemessene Kritik an Parteien nicht aus, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Werte und Normen des Grundgesetzes aussprechen oder agieren.