Alex FRITH / Rosie HORE / Louie STOWELL: Weltpolitik – einfach verstehen!“, 4. Aufl. Deutsch, London, Usborne Pub. 2021
Wie funktioniert eine Demokratie? Was bedeutet Meinungsfreiheit und welche verbreiteten politischen Ideologien gibt es? Kindgerechte Antworten auf diese Fragen gibt das Sachbuch „Weltpolitik - einfach verstehen!“ aus 2018 von Alex Frith, Rosie Hore und Louie Stowell vom britischen Kinderbuchverlag Usborne Publishing. 2021 erschien die 4. Auflage in deutscher Übersetzung. In sechs Kapiteln widmen sich die Autor*innen u.a. verschiedenen …
Regierungsformen, politischen Systemen, Wahlen, politischen Veränderungen und Ideologien und Fragen zu Menschenrechten, Krieg, Armut, Medien und Klimawandel. In unseren JuRe-Angeboten kommen diese und verwandte Themen immer wieder vor, deshalb ist ein Buch, das eine kurze und dennoch differenzierte Einleitung dazu liefert in der Praxis viel wert.
Das Buch verfolgt das klare Ziel, Menschen zur Auseinandersetzung mit Politik zu ermutigen und zu zeigen, dass Politik fast alle Aspekte des täglichen Lebens betrifft (vgl. S. 3,7,78,119). Damit die Auseinandersetzung gelingt, klären die Autor*innen zu politischen Grundbegriffen und –ideen auf. Fachkundig unterstützt wurden sie dabei von Dr. Hugo Drochon, der Politische Theorie an der Universität Cambridge lehrt sowie von Dr. Daniel Viehoff, der Philosophie an der New York University unterrichtet. Die Autor*innen begnügen sich nicht mit Definitionen, sondern reißen Probleme an (zum Beispiel ein System, in dem Ämter nach erbrachter Leistung vergeben werden vs. mangelnde Chancengleichheit, vgl. Seite 20, Mehrheitsentscheidung vs. Erfüllung dessen, was die meisten Menschen tatsächlich wollen, vgl. S. 39, Sicherheitskontrollen am Flughafen vs. ethnisches Profiling, vgl. S. 103). Statt langer Texte nutzen die Autor*innen bunte Comics, Grafiken und Infoboxen. Diese visuellen Elemente helfen beim Verstehen. Viele Begriffe können zudem im Anhang nachgeschlagen werden.
An mehreren Stellen bietet das Buch zudem Arbeitsaufgaben, die in der Arbeit mit Jugendgruppen eingesetzt werden können (vgl. S. 9, 78, 87) sowie konkrete Handlungstipps, z.B. für das Führen von Streitgesprächen und Debatten (vgl. S. 116-118.)
Kritisch anzumerken ist, dass das Buch zwar diversitätssensible Illustrationen nutzt, aber das generische Maskulinum anstatt gendersensibler Sprache gebraucht. Möglicherweise wurde diese Entscheidung getroffen, um die Texte für die junge Zielgruppe lesefreundlich zu gestalten. Die Autor*innen bemühen sich überwiegend um kurze Sätze und niedrigschwellige Sprache und einige Begriffe werden aus dem Kontext und den Illustrationen klar; dennoch werden Schüler*innen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, an einigen Stellen Zeit und Unterstützung beim Verstehen der Texte brauchen. Insgesamt liegt der Fokus des Buches eher auf der politischen Situation in Deutschland, Großbritannien und den USA; immer wieder wird dieser Blickwinkel allerdings um die Beschreibung von Systemen und Ideen aus anderen Regionen erweitert, z.B. bei der Beschreibung von Bundespolitik am Beispiel von Indien (vgl. S. 49).
Beim Einsatz des Buches sollte berücksichtigt werden, dass eine differenzierte Darstellung an einigen Stellen zu kurz kommt. So werden beispielsweise Argumente vorgestellt, warum eine repräsentative Demokratie einer direkten Demokratie vorzuziehen sei, aber keine Gegenargumente (vgl. S. 27). Argumente und Gegenargumente zu „Anarchie“ werden in Form eines Comic-Streitgesprächs dargestellt, bei welchem dem Befürworter von Anarchie die Argumente ausgehen (vgl. S. 52). Anhand der Darstellung wird nicht ganz klar, wie einige Menschen Anarchie verstehen und wie Befürworter*innen argumentieren. Aufgrund der Vielschichtigkeit der Themen und des begrenzten Raums kommt es natürlich zwangsläufig zu Vereinfachungen und Verkürzungen, zum Beispiel, wenn Philosoph*innen wie Hannah Arendt und Platon mit einem Zitat vorgestellt werden, das zeigen soll, wofür sie stehen (vgl. S. 53) oder bei der Darstellung von Gründen für Migration und der Unterscheidung zwischen „Immigranten“ und „Flüchtlingen“ (vgl. S. 110). Dennoch liefert das Buch an vielen Stellen einen guten Überblick über Argumente und Positionen und hilft, politische Debatten einzuordnen. Zugleich bleibt es wichtig, die Bearbeitung der Themen selbst gut vorzubereiten und darauf zu achten, dass sie in ihrer vollen Komplexität dargestellt werden.
Aufgrund des Sprachlevels ist das Buch für Kinder und Jugendliche ab der 8. Klasse geeignet, aber auch für Erwachsene, die mehr zu Politik lernen möchten. Einiges ist vielleicht auch für Politische Bildner*innen neu, zum Beispiel dieser Fun Fact: „Das Wort „Idiot“ stammt vom griechischen Wort idiotes und bedeutet „Privatperson“. Es wurde als Schimpfwort für die Menschen verwendet, die sich nicht für Politik interessierten“ (S. 15).
Die beste Info zum Schluss: Viele der Comics sind witzig. Es macht Spaß, das Buch zu lesen!